Jugendamtsterror und Familienrechtsverbrechen - Kinder- und Jugenddelinquenz

Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

Deutschland im Wahlkampf

Koch sei "schießwütiger Gewalttäter"

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© Michael Sohn/AP
Da hüpft er aus dem Wahlmkampfbus: der hessische Ministerpräsident Roland Koch

Politiker reagieren auf Kochs Jugendgewalts-Kampagne: Erst unterstellt SPD-Fraktionschef Struck Koch Berechnung, dann weigert sich auch SPD-Chef Beck, zurückzurudern. Und während Kanzlerin Merkel zur Vernunft mahnt, bezeichnet der Spitzenkandidat der Linken in Hessen Koch als "schießwütigen Gewalttäter".

Nach den harschen Tönen aus der SPD im Streit über das Jugendstrafrecht hat die Union den Koalitionspartner vor einer weiteren Belastung der Regierungsarbeit gewarnt. "Ich fordere den SPD-Vorsitzenden auf, Vernunft einkehren zu lassen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Samstag in Braunschweig beim Wahlkampfauftakt der CDU in Niedersachsen an die Adresse von SPD-Chef Kurt Beck. In einer Verbalattacke hatte SPD-Fraktionschef Peter Struck dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) unterstellt, sich über die aktuellen Fälle von Jugendgewalt im Wahlkampf gefreut zu haben. Beck nahm Struck am Samstag in Schutz. Er warf Koch vor, mit der Debatte über Jugendgewalt lediglich von eigenen Versäumnissen ablenken zu wollen.
Koalitionsstreit eskaliert
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CDU-Chefin Merkel nannte die Äußerung Strucks "absurd". Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte bei einem CDU- Neujahrsempfang im hessischen Oberursel nach Mitteilung seines Ministeriums: "Die Äußerung von Struck fällt auf ihn selbst zurück. Sie ist des Amtes eines Fraktionsvorsitzenden der SPD- Bundestagsfraktion unwürdig."

Merkel sprach sich in Braunschweig erneut für Verschärfungen beim Jugendstrafrecht aus. "Gewalt ist immer absolut zu verurteilen", sagte sie. Die Gesellschaft müsse hier Grenzen setzen, auf Gewalt jeder Art müsse eine Bestrafung folgen. "Die, die versuchen, da wegzuschauen, werden keinen Erfolg haben." Die CDU-Vorsitzende machte sich außerdem für die Interessen der Opfer von Kriminalität stark: "Ich werde die Stimme der Opfer nicht vergessen."
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"Die kann mich mal"
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte der Zeitschrift "Super Illu", die SPD habe "einen Ton angeschlagen, der selbst mit laufenden Landtagswahlkämpfen nicht zu rechtfertigen ist". Der "schlechte Stil gegenüber Roland Koch" sei nicht akzeptabel. Struck hatte Koch am Freitag unterstellt, über den brutalen Angriff von jugendlichen Ausländern auf einen Rentner in München eigentlich ganz froh gewesen zu sein, um das Thema für den Wahlkampf zu nutzen. Eine Aufforderung der Union, sich zu entschuldigen, wies er später brüsk mit den Worten "Die kann mich mal" zurück.

Beck kritisiert Kochs "Ablenkungsmanöver"
Beck sagte in Osnabrück: "Wir haben keinen Grund zurückzurudern." Der SPD-Vorsitzende warf Koch zudem in einer Videobotschaft vor, er wolle mit der Debatte über Jugendgewalt lediglich von eigenen Versäumnissen etwa in der Schulpolitik und der Inneren Sicherheit ablenken. Der Sprecher der hessischen Landesregierung, Dirk Metz, wies Becks Äußerungen als "politische Frechheiten, die den Fakten widersprechen" zurück.

Koch besteht auf Entschuldigung von Struck
Koch bestand in der "Bild am Sonntag" auf einer Entschuldigung Strucks. Zugleich wies er die Kritik zurück, sein Wahlkampf sei ausländerfeindlich. "Ich empfinde es als meine Aufgabe, für die Opfer krimineller Gewalt zu sprechen und für viele, die sich bedrängt und bedroht fühlen", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende.

Die bisher schärfste Kritik an Koch übte der Spitzenkandidat der Linken in Hessen, Willi van Ooyen. Er nannte den Landeschef auf einem Neujahrsempfang seiner Partei einen "schießwütigen Gewalttäter" sowie "gesellschaftlichen Spalter und Brandstifter". Die hessische CDU- Fraktion forderte daraufhin den Rücktritt van Ooyens.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der wie Koch am 27. Januar zur Landtagswahl antritt, nahm seinen hessischen Parteifreund in Schutz. "Bei denen, die Klarheit und Schärfe kritisieren, ist viel Heuchelei im Spiel", sagte er der "Welt am Sonntag".

Gewalt nicht im "Pulverdampf des Wahlkampfs" besprechen
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) kündigte in der Berliner "B.Z. am Sonntag" an, die Union werde nächste Woche mit der SPD auf Fraktionsebene über ihre Vorschläge zum Thema Jugendgewalt reden. "Wir fordern konkret Warnarrest, Erziehungscamps und die Anwendung des Erwachsenen-Strafrechts im Regelfall für Menschen über 18 Jahre." Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz zeigte sich im Magazin "Focus" offen für Gespräche mit der Union zur Jugendgewalt - nur müssten die "nach dem Pulverdampf des Wahlkampfs" stattfinden.

DPA/AP



Artikel vom 12. Januar 2008
http://www.stern.de/politik/deutschland/:Deutschland-Wahlkampf-Koch-schie%C3%9Fw%C3%BCtiger-Gewaltt%C3%A4ter-/607668.html?nv=rss

Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

Koch fischt am rechten Rand.

"Die CDU kann mich mal"
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Sonntag, 13. Januar 2008
Straf- und Sorgerecht
Koch legt nach

Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat gefordert, das Jugendstrafrecht auch bei unter 14-Jährigen anzuwenden. Es gebe eine "sehr aggressive Kriminalität einer sehr kleinen Gruppe von Menschen unter 14 Jahren", sagte der CDU-Politiker der Zeitung "Bild am Sonntag". "Oft werden diese Jugendlichen auch noch von Erwachsenen benutzt, die genau auf die Strafunmündigkeit der Täter setzen", ergänzte Koch. "In Ausnahmefällen könnten Elemente des Jugendstrafrechts für diese Zielgruppe eingesetzt werden." Eine weitere Antwort auf derartiges Verhalten sei die striktere Entziehung des Sorgerechts durch die Jugendbehörden.

Zugleich kritisierte Koch die Justiz. "Die Richter, die als einzige Strafen aussprechen können, gehen mit diesem Instrument wenig selbstbewusst um. Auch bei 20-Jährigen, die ansonsten ja auch wie Erwachsene behandelt werden wollen, wenden sie Jugendstrafrecht an, um mildere Strafen verhängen zu können." Das sei das falsche Signal.

Koch will am 27. Januar wiedergewählt werden. Im Wahlkampf hatte er Ende Dezember eine Debatte um den Umgang mit jugendlichen kriminellen Ausländern begonnen. Die SPD beschuldigt den Ministerpräsidenten, mit seiner Kampagne von Versäumnissen in der hessischen Landespolitik ablenken zu wollen. Er hat dem Hessischen Richterbund zufolge Stellen bei Polizei und Justiz gestrichen. Hessen liegt bei der Bearbeitungsdauer von Jugendstrafsachen an Amts- und Landgerichten im Bundesländervergleich ganz hinten.

CDU zahlt Preis

Koch dagegen erklärte, heute arbeiteten 1131 Polizisten mehr auf der Straße als bei seinem Regierungsantritt. Das Problem der zu langen Verfahrensdauer bei den Gerichten werde er lösen.

Unterdessen macht Koch die große Koalition für mögliche Verluste der CDU bei den bevorstehenden Landtagswahlen verantwortlich. Natürlich zahle auch die Union "einen Preis für die große Koalition", sagte Koch. "Aber im Verhältnis zur SPD stehen wir gut da und haben alle Chancen, alle drei Landtagswahlen erfolgreich zu bestehen."

Koch fügte hinzu: "Die CDU hatte bei den letzten Landtagswahlen angesichts des damals völlig verpatzten Starts von Rot-Grün nach der Bundestagswahl 2002 eine ganz andere Mobilisierungschance. Jetzt sind wir Teil einer großen Koalition. Es ist ganz normal, dass eine große Koalition für beide Parteien nicht gerade mobilisierend wirkt."
http://www.n-tv.de/903165.html

Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

Montag, 14. Januar 2008
Platzt die Koalition?
CDU stellt Ultimatum

Die CDU stellt die Berliner Koalition auf eine harte Bewährungsprobe. Sie stellt der SPD erstmals ein Ultimatum zur Verschärfung des Jugendstrafrechts: Die SPD solle spätestens bis zum 27. Januar deutlich machen, ob sie eine gesetzliche Verschärfung mitmache. An dem Tag wird in Hessen und Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt.

Die SPD appellierte indes an die CDU, "auf den Boden der Vernunft" zurückzukehren. Parteichef Kurt Beck begrüßte zugleich die "Absetzbewegung" in der Union vom jüngsten Vorstoß Kochs, das Jugendstrafrecht in Ausnahmefällen auch bei Kindern anzuwenden. Beck lehnte erneut eine Verschärfung des Jugendstrafrechts ab. Die SPD sei aber bereit, über dessen Anwendung zu reden, um eine schnelle Bestrafung der jugendlichen Täter zu erreichen. Er habe außerdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einen "Integrationsgipfel" vorgeschlagen. Wenn die Kanzlerin in dieser Woche vor die Bundespressekonferenz trete, habe sie beim Thema Jugendstrafrecht noch die Chance, "die Kurve zu kriegen".

Koch rudert zurück

Roland Koch ist die Debatte über eine Anwendung des Jugendstrafrechts auch auf Kinder unter 14 Jahren offenbar zu heiß geworden. Über seine Staatskanzlei ließ er mitteilen, dass seine Aussage diesbezüglich "fehlinterpretiert" worden sei. Der hessische CDU-Ministerpräsident ließ mitteilen, dass die "Zuspitzung, die das Ganze erfahren hat, mich selbst überrascht hat. Es klingt ja so, als wollten wir Kinder ins Gefängnis stecken. Dem ist selbstverständlich nicht so", hieß es jetzt aus Wiesbaden. Zuvor hatte sich auch die CDU-Spitze von Kochs Vorschlag abgewandt. "Es geht uns nicht um die Absenkung der Strafmündigkeit", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla in Berlin.

Koch hatte in der "Bild am Sonntag" davon gesprochen, bei "Menschen unter 14 Jahren mit aggressiver Kriminalität" auch das Jugendstrafrecht anzuwenden. Dass Kinder dabei auch zu zehn Jahren Haft verurteilt werden könnten, hatte Koch offenbar nicht bedacht.

Hessen exportiert Problemfälle

Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, warnte in den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" davor, "Kinder fürs ganze Leben zu stigmatisieren". Anstelle einer schärferen Bestrafung von Kindern unter 14 Jahren forderte er, weitere geschlossene Erziehungsheime zu schaffen. Hilgers kritisierte Koch dafür, dass es bislang in Hessen kein einziges dieser Heime gebe: "Herr Koch macht zwar große Sprüche - aber seine Problemfälle exportiert er nach Bayern, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz."

"Wir brauchen keine Kinderknäste"

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, wies den neuen Vorstoß Kochs ebenfalls scharf zurück. "Wir brauchen doch keine Kinderknäste", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Der Vorschlag ist populistisch und unseriös. Die Strafmündigkeitsgrenze darf nicht herabgesetzt werden." Der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, sagte demselben Blatt: "Das macht keinen Sinn. Je jünger Menschen hinter Gitter kommen, umso höher ist ihre Rückfallquote."

Jugendkriminalität in Hessen

Hessen hat seit dem Regierungsantritt Kochs die höchste Zunahme von Jugendgewalt bundesweit. Die Zahl schwerer und gefährlicher Körperverletzungen durch 14- bis 18-Jährige sei in dem Bundesland zwischen 1999 und 2006 um 66 Prozent, im restlichen Bundesgebiet nur um 28 Prozent gestiegen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Dabei zitierte sie Berechnungen des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsens (KFN) auf Basis der offiziellen Polizeistatistik.

Die Gewaltkriminalität Jugendlicher insgesamt, zu der auch Raub und Vergewaltigung zählen, nahm demnach in Hessen um 35 Prozent zu, in den anderen Ländern um 12 Prozent. Eine der Ursachen dürften die langwierigen Jugendgerichtsverfahren in Hessen sein, sagte KFN-Leiter Christian Pfeiffer der Zeitung.

FDP verärgert über Koch

Der FDP-Fraktionsvorsitzende in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, selbst Strafverteidiger, reagierte indes im "Tagesspiegel" verärgert auf die jüngste Forderung Kochs. Auf Kinder das Jugendstrafrecht anwenden zu wollen, sei "unglaublich". "Ein Politiker, der ausdrücklich den Schutz von Kindern groß schreiben will, darf mit einer Haftandrohung für Kinder nicht operieren." Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Vizechefin der FDP-Fraktion, sagte bei n-tv: "Koch hat sich vollkommen vergaloppiert. Kinder ins Gefängnis zu sperren und damit auf einen besseren Weg bringen zu wollen, ist vollkommen falsch. Das wissen alle Experten. Und Herr Koch sollte zur Besinnung kommen."
http://www.n-tv.de/903398.html

Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

Hessen
Landeskriminalamt: Mehr Gewaltdelikte von Jugendlichen
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Die Fälle von Körperverletzung haben sich in Hessen stärker gehäuft als im Bund

Die Fälle von Körperverletzung haben sich in Hessen stärker gehäuft als im Bund

14. Januar 2008 Die Gewaltdelikte von Jugendlichen in Hessen haben nach Angaben des Hessischen Landeskriminalamts (LKA) in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich zugenommen. Bei der schweren und der gefährlichen Körperverletzung habe es zwischen 1999 und 2006 einen Anstieg der Fallzahlen von 30 Prozent bei den 14- bis 18- Jährigen gegeben, teilte das LKA in Wiesbaden mit. Bundesweit habe die Zunahme bei 24 Prozent gelegen. Seit 2005 entwickele sich die Gewaltkriminalität insgesamt jedoch rückläufig.

Der Hannoveraner Kriminologe Christian Pfeiffer hatte eine Zunahme der gefährlichen schweren Körperverletzung bei den 14- bis 18- Jährigen von 66 Prozent in Hessen genannt. „Es ist auch unseren Experten im Landeskriminalamt nicht gelungen, diese Zahlen nachzuvollziehen“, sagte der hessische Landespolizeipräsident Norbert Nedela .

Anstieg in Hessen überdurchschnittlich

Den Angaben zufolge sind die Fälle von Gewaltkriminalität insgesamt - also nicht nur der von Jugendlichen - zwischen 1999 und 2006 gestiegen. Während im Bund die Zahlen um 31,7 Prozent auf 150.874 kletterten, stiegen sie in Hessen um 40,9 Prozent auf 10.615. Genaue Zahlen zur Entwicklung der Gewaltkriminalität bei den 14- bis 18-Jährigen konnte das LKA nicht vorlegen.
Zum Thema

* Jugendstrafrecht für Kinder? Koch in der Kritik
* Junge Kriminelle: Regelmäßig Besuch von der Polizei
* Junge Türken neigen am meisten zur Gewalt
* Rainer Johne, Jugendgerichtshelfer: "Keine Verschärfung, sondern mehr Prävention"

LKA-Präsident Peter Raisch erklärte die Steigerungen unter anderem mit mehr Anzeigen, die beispielsweise von Schulseite, Eltern aber auch Jugendlichen erstattet würden. Er verwies aber auf eine Aufklärungsquote von knapp 80 Prozent bei der Jugendkriminalität im Bereich der Körperverletzung sowie der schweren und gefährlichen Körperverletzung.

65 Straftaten pro Kopf bei Intenstivtätern

Mit Stand vom 9. Januar waren in Hessen 1511 Mehrfach- und Intensivstraftäter polizeilich erfasst, sagte Nedela. Ihnen könnten rund 100.000 Straftaten zugeordnet werden, also im Schnitt 65 pro Kopf. Nach einer noch unveröffentlichten Untersuchung seien knapp die Hälfte der Intensivtäter Jugendliche mit Migrationshintergrund. Rund 70 Prozent davon seien allerdings in Deutschland geboren und aufgewachsen. Die noch nicht komplett abgeschlossene Studie habe er vor einigen Tagen auch Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zur Verfügung gestellt, sagte Nedela.



Text: FAZ.NET mit dpa/lhe
Bildmaterial: AP
http://www.faz.net/s/Rub8D05117E1AC946F5BB438374CCC294CC/Doc~EE779C1471CB847E0B0C32AE253948D96~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_aktuell

Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

Inland Jugendstrafrecht auch für Kinder?
Koch sucht den Rückwärtsgang

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (Foto: dpa) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Koch erntete für seinen Vorstoß, das Jugendstrafrecht auf Kinder anzuwenden, viel Kritik. ]
Hessens Ministerpräsident Roland Koch sieht seine Äußerungen zum Umgang mit kriminellen Kindern fehlinterpretiert: "Die Zuspitzung, die das Ganze erfahren hat, hat mich selbst überrascht. Es klingt, als wollten wir Kinder ins Gefängnis stecken. Dem ist selbstverständlich nicht so", ließ der CDU-Politiker über die Wiesbadener Staatskanzlei verbreiten. In der Sache blieb Koch aber hart. Der Staat müsse sich etwas einfallen lassen, wie er mit Jugendbanden umgehe "und insbesondere auch mit dem Umstand, dass versucht wird, sich die Strafunmündigkeit von 12- und 13-Jährigen zunutze zu machen".

Das Gleiche - nur in anderen Worten - hatte Koch in der "Bild am Sonntag" gefordert: Es gebe eine sehr aggressive Kriminalität einer sehr kleinen Gruppe von Menschen unter 14 Jahren. Einige Erwachsene benutzten diese Gruppe und setzten auf die Strafunmündigkeit. Deshalb, so Koch weiter: "In Ausnahmefällen könnten Elemente des Jugendstrafrechts für diese Zielgruppe eingesetzt werden."

Mit diesem Vorschlag hatte Koch eine heftige Debatte entzündet, die sich binnen anderthalb Tagen gegen ihn wendete. Einzig der Chef der Jungen Union, Philipp Missfelder, Sachsens Justizminister Geert Mackenroth und der Chef des Bundes deutscher Kriminalbeamter, Klaus Jansen, konnten der Idee, das Jugendstrafrecht auf Kinder anzuwenden, öffentlich etwas abgewinnen. Ansonsten viel das Urteil von Fachleuten und Politikern eindeutig aus.
"Ignoranz gegenüber dem bestehenden Fachwissen"
Jugendliche in einer Jugendarrestanstalt Dossier: Weitere Meldungen Streit um Jugendkriminalität Was steckt hinter dem Wahlkampfthema? [mehr]

Jugendliche in einer Jugendarrestanstalt (Foto: picture-alliance) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Jugendliche in einer Jugendarrestanstalt ]
So wiesen Juristenverbände den Vorschlag des Wahlkämpfers Koch scharf zurück. Es gebe "ganz klar kein Rütteln an der Strafmündigkeitsgrenze", sagte der Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, Bernd-Rüdeger Sonnen, in Berlin. Stattdessen sei "kompetente Jugendhilfe" nötig. Oberstaatsanwalt Klaus Pförtner von der Neuen Richtervereinigung bezeichnete Kochs Vorschlag als "absoluten Quatsch". Er sagte: "Kein Gefängnis kann für einen 13-Jährigen besser sein als ein gut geführtes Heim." Die Vorschläge "sind ein Höhepunkt der Ignoranz gegenüber dem bestehenden Fachwissen", sagte Natalie von Wistinghausen von der Vereinigung Berliner Strafverteidiger.

Auch in den eigenen Reihen stieß Koch auf Widerspruch. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) nannte es vor einer CDU-Präsidiumssitzung in Berlin "falsch", die Strafmündigkeit in der Jugendkriminalität zu verändern. "Kinder sind Kinder, und da stellt sich die Frage vor allem nach den Eltern."
Merkel kündigt Pressekonferenz an

Heftiger Widerstand kam auch aus der SPD. "Kinder in Gefängnisse - das ist nicht Politik der Koalition", kritisierte SPD-Chef Kurt Beck in Frankfurt am Main. Er verlangte ein Eingreifen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die CDU-Vorsitzende kündigte überraschend für morgen eine Pressekonferenz in Berlin an. Dort will sie sich zu aktuellen innen- und außenpolitischen Themen äußern.
Steinmeier warnt vor Schäden für die Koalition

Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier warnte die CDU vor einer Belastung der Koalition. "Die CDU sollte Formen finden, zu einer besonnenen Debatte zurückzukehren", mahnte der SPD-Vize gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Jugendgewalt dürfe kein Wahlkampfthema sein. "Wer es dafür instrumentalisiert, bringt die Menschen gegeneinander auf und weckt böse Geister, die sich nach dem Wahltag kaum noch vertreiben lassen. Das ist leider jetzt schon absehbar." Steinmeier rief den Koalitionspartner angesichts der heftigen Auseinandersetzung der vergangenen Tage zur Besonnenheit auf. "Die CDU ist jetzt als Ganze in der Pflicht", sagte er. "Wer fordert, 12-Jährige ins Gefängnis zu schicken, verletzt jedes menschliche Maß."

* InternGdP lehnt Kochs Vorstoß zu Jugendstrafrecht ab.
* InternHessen legt bei Jugendgewalt besonders zu.
* InternDossier: Jugendkriminalität - Ein Problem wird instrumentalisiert.
* InternForum: Umgang mit Jugendkriminalität.
* InternJugendgewalt-Debatte im Hamburger Wahlkampf [ndr].
* AudioHärtere Strafen für Kinder? [A. Günther, ARD Berlin].

*
Weltatlas
Weltatlas: Deutschland
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Stand: 14.01.2008 15:12 Uhr
http://www.tagesschau.de/inland/jugendkriminalitaet70.html

Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

Inland Koch erfüllt eigene Ansprüche nicht
Hessen legt bei Jugendgewalt besonders zu

Roland Koch (Foto: AP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Wirbt im Wahlkampf mit gesunkener Straßenkriminalität: Hessen Ministerpräsident Koch. ]
Die von Hessens Ministerpräsident Roland Koch losgetretene Debatte über Jugendkriminalität könnte für den Wahlkämpfer Koch zum Bumerang werden. Der CDU-Politiker behauptet in der Jagd um Wählerstimmen, dass seit seinem Amtsantritt in Hessen die Straßenkriminalität um 25 Prozent zurückgegangen sei. Nun behauptet der Kriminologe Christian Pfeiffer, dass in Hessen Gewaltstraftaten von jugendlichen Tätern überproportional zugenommen haben.

Von 1999, dem Jahr als Koch Ministerpräsident wurde, bis 2006 sei die Zahl der von Jugendlichen verübten Gewalttaten um 35 Prozent gestiegen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, dem Pfeiffer vorsteht. Der Bundesdurchschnitt lag dagegen bei einer Zunahme von etwas mehr als zwölf Prozent. Die Forschungseinrichtung setzte die Zahl der Straftaten in Bezug zur Einwohnerzahl der einzelnen Bundesländer.
Koch über Jugendgewalt: "Die entscheidende Frage ist: Was lassen wir uns gefallen von einem kleinen Teil äußerst gewaltbereiter Jugendlicher, häufig mit ausländischem Hintergrund?"
Quelle: Roland Koch in der "Bild" am 28.12.2007,

Laut Zeitung fällt Hessens Bilanz bei gefährlichen und schweren Köperverletzungen noch verheerender aus. Zwischen 1999 und 2006 hätten diese Straftaten, die von 14- bis 18-Jährigen begangenen wurden, um 66,1 Prozent zugelegt. Der Bundesdurchschnitt stieg jedoch lediglich um 27,5 Prozent. "Für diesen starken Anstieg der Gewaltdelikte sind vor allem Deutsche verantwortlich, nämlich zu etwa 90 Prozent", sagte Pfeiffer, der "Süddeutschen". Gegenüber tagesschau.de kritisierte der Kriminologe die Passivität der hessischen Landesregierung angesichts eines "katastrophalen Befundes". Pfeiffer stützte sich eigenen Angaben zufolge bei seiner Erhebung auf Zahlen der Landesregierung. Diese hätte daher schon viel früher reagieren müssen.
LKA bestätigt Tendenz

Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (Foto: dpa) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Hält nichts von Kochs Vorschlägen: Christian Pfeiffer. ]
Das Landeskriminalamt Hessen nannte zwar andere Zahlen, bestätigte aber eine überdurchschnittliche Zunahme jugendlicher Gewalttaten im Land. Bei der schweren und der gefährlichen Körperverletzung habe es zwischen 1999 und 2006 einen Anstieg von 30 Prozent bei den 14- bis 18-Jährigen gegeben, teilte das LKA in Wiesbaden mit. Bundesweit habe es eine Zunahme von 24 Prozent gegeben.
Jugendliche in einer Jugendarrestanstalt Dossier: Weitere Meldungen Streit um Jugendkriminalität Was steckt hinter dem Wahlkampfthema? [mehr]

Koch hatte einen brutalen Überfall eines jungen Türken und eines jungen Griechen auf einen deutschen Pensionär in einer Münchner U-Bahnstation zum Anlass genommen, die Jugendkriminalität zu einem zentralen Wahlkampfthema in Hessen zu machen. Mit einem Interview in der "Bild"-Zeitung hatte er eine Diskussion entfacht, die mittlerweile polarisiert. Koch hatte in dem Interview gefragt: "Was lassen wir uns gefallen von einem kleinen Teil äußerst gewaltbereiter Jugendlicher, häufig mit ausländischem Hintergrund?" Es gebe "zu viele kriminelle junge Ausländer" in Deutschland, resümierte Koch, um dann die Forderung nach einer verschärften Abschiebepraxis zu stellen: "Wer sich als Ausländer nicht an unsere Regeln hält, ist hier fehl am Platze."
1000 Juristen gegen verschärftes Jugendstrafrecht

Aufnahme der Überwachungskamera vom Überfall zweier Männer auf einen Rentner (Foto: dpa) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Aufnahme einer Überwachungskamera in der Münchner U-Bahn: Zwei Männer laufen hinter einem Rentner her und schlagen ihn zusammen. ]
Als weitere Konsequenz des Münchner Vorfalls hatte Koch auch eine Verschärfung des Jugendstrafrechts gefordert. So wollte er unter anderem die Höchststrafe von derzeit zehn Jahren Haft auf 15 Jahre hinaufsetzen. Genau dagegen wandten sich nun 1000 Juristen in einer Resolution, die in Berlin vorgestellt wurde. "Die Vorschläge der Union widersprechen den von den Vereinten Nationen verkündeten Mindestgrundsätzen für das Jugendstrafrecht", sagte der Kölner Strafrechtsprofessor Günter Tondorf zur Vorstellung des Aufrufs "Hände weg vom Jugendstrafrecht!" Als eigentliches Problem machen die Experten nicht ein zu lasches Jugendstrafrecht aus, sondern das Fehlen von Alternativen für die betroffenen Jugendlichen sowie die Kürzungen beim Jugendstrafvollzug und der Betreuung. Sie kritisieren Kochs Forderungen als populistisch und irrational. Schwere Strafen schreckten nicht ab. Weder sei die Jugendkriminalität insgesamt, noch ist die Gewaltkriminalität junger Menschen in den letzten Jahren dramatisch gestiegen.
Video

* Video Bildunterschrift: In Hessen haben Gewaltdelikte von Jugendlichen überdurchschnittlich zugenommen, tagesschau 14:00 Uhr [Wolfgang Wanner, ARD Berlin]
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* intern Weitere Video-Formate .

Die Höchststrafe auf 15 Jahre anzuheben, helfe nicht, die Kriminalität zu verringern, sagte auch der Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, Bernd-Rüdeger Sonnen, in Berlin. Gefragt sei "nicht Härte, sondern Wirksamkeit" von Präventionsmaßnahmen. Die hohe Kriminalitätsrate unter Migranten führte Sonnen auf die Lebensumstände der Betroffenen zurück, wie beispielsweise mangelnde Perspektiven in der Schule. Man müsse solche Risikofaktoren beseitigen, um die Kriminalität einzudämmen, forderte Sonnen.

* InternBayern legt Sicherheitskonzept vor [br].
* InternKoch fühlt sich fehlinterpretiert.
* InternDossier: Jugendkriminalität - Ein Problem wird instrumentalisiert.
* InternDossier: Hessen wählt [hr].
* VideoDebatte um Jugendkriminalität [W. Wanner, ARD Berlin].
* AudioHärtere Strafen für Kinder? [A. Günther, ARD Berlin].

*
Weltatlas
Weltatlas: Deutschland
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Stand: 14.01.2008 15:36 Uhr
http://www.tagesschau.de/inland/jugendkriminalitaet62.html

Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

Jugendgewalt

Koch nimmt sich zurück

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© Heribert Proepper/AP
Jugendknast in Schleswig: "Für das Thema kriminelle Kinder braucht man Fachleute"

Hessens Ministerpräsident Roland Koch hat seine Vorschläge zur Bekämpfung der Jugendgewalt zurückgenommen. Genauer: die nach denen auch Kinder ins Gefängnis geschickt werden dürfen. Was mit Kriminellen unter 14 Jahren geschehen solle, so Koch, müsse langfristig entschieden werden.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat seinen Vorstoß zur Ausweitung des Jugendstrafrechts auf Kinder nach parteiinterner Kritik relativiert. Die Diskussion darüber, was mit kriminellen Kinder unter 14 Jahren geschehen solle, müsse langfristig angelegt sein, sagte der CDU-Politiker jetzt. "Das ist ein Thema, da braucht man Fachleute, das muss man lange diskutieren." Es könne aber nicht ignoriert werden, dass es in diesem Bereich Probleme gebe. Er sei offen für die Frage, ob Zwangseinweisungen in Erziehungsheime verhängt, das Jugendstrafrecht oder das Erziehungsrecht angewandt werden sollten.
Wie Roland Koch um Stimmen kämpft
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Alle Punkte sollen durchgesetzt werden
Koch unterstrich, für ihn stehe zuallererst die Durchsetzung der Punkte auf der Tagesordnung, die in der Union beim Kampf gegen Jugendkriminalität Konsens seien. Diese dürften nicht kaputt geredet werden. "Das werde ich auch nicht durch die Versuche von persönlichen Angriffen oder von allen möglichen statistischen Desinformationskampagnen zulassen." Die Union tritt etwa für einen Warnarrest als Ergänzung zur Bewährungsstrafe und eine Erhöhung der Jugend-Höchststrafe von zehn auf 15 Jahre ein. Koch hatte jüngst die Diskussion mit der Forderung angeheizt, das Jugendstrafrecht in Ausnahmefällen auch für Kinder unter 14 Jahren anzuwenden.
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Kritik daran kam aus Niedersachsen. Ministerpräsident Christian Wulff, in dessen Bundesland wie in Hessen am 27. Januar gewählt wird, verwies auf einen Beschluss der Innen- und Justizminister der unionsgeführten Länder, die Strafmündigkeit nicht zu verändern. "Kinder sind Kinder, und da stellt sich die Frage vor allem nach den Eltern", sagte Wulff. Es müsse deutlicher hingeschaut werden, ob den Eltern die Verantwortung für ihre Kinder genommen werde. "Die Strafmündigkeit zu verändern, halte ich für falsch", sagte der CDU-Politiker weiter. Ähnlich hatte sich Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach geäußert.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger stellte sich dagegen hinter seinen Parteifreund Koch. In "ganz wenigen Ausnahmefällen" halte er für einen 13-Jährigen eine Strafbarkeit im Sinne des Jugendstrafrechts für denkbar. Dies sei etwa der Fall, wenn er als Teil eines Netzwerks agiere. Allerdings müsse bei dem Täter das entsprechende Bewusstsein vorhanden sein.



Artikel vom 14. Januar 2008
http://www.stern.de/politik/deutschland/:Jugendgewalt-Koch/607742.html?nv=rss

Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

15. Januar 2008

* webnews
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* Del.icio.us



Schrift:
KRACH UM JUGENDSTRAFRECHT
Merkel erklärt 2008 zum Schicksalsjahr der Koalition

Die Kanzlerin will die Wogen glätten: Der Streit um das Jugendstrafrecht sei ein "üblicher Dissens" in Wahlkampfzeiten, sagte sie bei ihrem Auftritt vor der Bundespressekonferenz. Der Erfolg der Koalition entscheide sich in diesem Jahr.

Berlin - "Wahlkämpfe sind Zeiten, bei denen auch unterschiedliche Positionen auf die Tagesordnung kommen", sagte Merkel vor der Bundespressekonferenz in Berlin. "Deshalb hat Roland Koch dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht. Und deshalb hat er die Unterstützung der gesamten CDU dazu." Im Strafrecht sei "von Prävention bis Bestrafung die ganze Palette gefordert".

Kanzlerin Merkel: Beschwichtigende Worte in Koalitionskrisenzeiten
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AP

Kanzlerin Merkel: Beschwichtigende Worte in Koalitionskrisenzeiten
Der heftig geführte Streit zwischen den Regierungspartnern sei eine normale Erscheinung zu Wahlkampfzeiten: "Im Wahlkampf darf es keine Tabuthemen geben", sagte die Kanzlerin. Gleichzeitig stritt sie nicht ab, dass sich beim Thema Jugendstrafrecht SPD und Union alles andere als einig seien: "Ja, es gibt einen Dissens mit dem Koalitionspartner", sagte Merkel.

Merkel drängte trotz Kritik der SPD weiter auf härtere Jugendstrafen. Die CDU werde dafür kämpfen, auch nach den anstehenden Landtagswahlen."So etwas wie der Warnschussarrest wird irgendwann genauso normal sein, wie die Videoüberwachung", sagte Merkel. Gleichzeitig betonte sie, weiterhin zur Regierungszusammenarbeit zu stehen: "2008 ist ein Schlüsseljahr für den Erfolg der Großen Koalition."

Zuvor hatte Merkel ein positives Bild von Deutschland gezeichnet: "Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Deutschland besser dasteht, als je zuvor", sagte die Kanzlerin mit Blick auf gesunkene Arbeitslosenzahlen. Dennoch stelle sich die Regierung auf ein gedämpftes Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr ein. Das weltwirtschaftliche Umfeld sei schwieriger geworden, sagte Merkel. Sie verwies auf höhere Energiepreise, die Probleme der Banken in Folge der US-Immobilienkrise sowie auf den Druck bei den Lebensmittelpreisen. "All das führt zu gedämpften Wachstumserwartungen", sagte die Kanzlerin.

Im Vorfeld wurde der Auftritt Merkels von der Opposition scharf kritisiert: Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach in der "Leipziger Volkszeitung" von einem "überstürzten Auftritt". Im hessischen Wahlkampf habe Merkel zunächst nur moderiert, um sich später aber "dem Hetzkurs von Roland Koch anzuschließen", wird Künast zitiert. "Das will sie jetzt mit Hilfe der Medien wieder geradeziehen. Deshalb dieser eigentlich unanständige Versuch mit der Pressekonferenz."

Nur zweimal kam die CDU-Vorsitzende bisher alleine ins Haus der Bundespressekonferenz - zu ihren Sommerpressekonferenzen 2006 und 2007. Die heutige Pressekonferenz wurde zwar kurzfristig angekündigt, aber schon seit Dezember geplant.

amz


http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,528667,00.html

Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

Inhalt
Inland Merkel nimmt Stellung im Koalitionsstreit
Koch bekommt Rückendeckung von Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf der Bundespressekonferenz (Foto: AP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Merkel sieht 2008 als "Schlüsseljahr für die Große Koalition". ]
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Streit über ein schärferes Jugendstrafrecht Hessens Ministerpräsident Roland Koch den Rücken gestärkt. "Roland Koch hat meine Unterstützung", sagte die CDU-Chefin vor der Bundespressekonferenz in Berlin. In Wahlkämpfen könnten nur Themen angesprochen werden, die die Menschen interessieren. "Es kann in Wahlkämpfen keine Tabuthemen geben", so die CDU-Vorsitzende weiter.

Innere Sicherheit sei ein ureigenes Feld der CDU, sagte Merkel. Es habe in der Vergangenheit viele Themen in diesem Bereich gegeben, die die Union in die Diskussion gebracht habe. So sei es auch bei der Videoüberwachung gewesen, die anfänglich massiv umkämpft gewesen wäre, mittlerweile aber "völlig normal ist". So wie bei der Videoüberwachung werde es irgendwann auch beim "Warnschussarrest" sein, sagte Merkel.
Der Verein Bundespressekonferenz: Die Bundespressekonferenz ist keine staatliche Einrichtung, sondern ein Zusammenschluss von Hauptstadt-Journalisten. Zurzeit zählt der eingetragene Verein etwa 900 Mitglieder. Seit 1949 Jahren werden Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur zu Pressekonferenzen eingeladen. Fixe Termine sind die sogenannten Regierungspressekonferenzen. Dabei sind jeweils montags, mittwochs und freitags der Regierungssprecher sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien zu Gast, um Fragen zu beantworten.
"Es gibt zuviel Kriminalität in Deutschland"

Die Videoüberwachung habe sich bewährt, resümierte Merkel. Sie habe beispielsweise dazugeführt, dass die Täter des Überfalls auf einen Pensionär in München schnell gefasst worden seien. Dieses Ereignis habe die derzeitige Debatte über Jugendkriminalität angestoßen. Nun sei die Politik gefordert, Antworten zu geben. "Es gibt zuviel Kriminalität in Deutschland – gerade von jungen Leuten." Die Kriminalitätsstatistik weise daraufhin, dass die Hälfte davon von ausländischen Tätern verübt werde.
"Ich gucke mir das so an"

Merkel räumte ein, dass es in der Frage, ob das Jugendstrafrecht verschärft werden solle, "mit dem Koalitionspartner einen Dissens" gebe. Auf die Frage, was sie von dem harten Schlagabtausch zwischen den Koalitionsvorsitzenden der Union und SPD halte, antwortete Merkel: "Jeder pflegt da so seinen Stil und ich gucke mir das so an - manchmal entspannter und manchmal gespannter."
Merkels siebter Auftritt: Kanzlerin Merkel stellte sich zum siebten Mal in ihrer gut zweijährigen Amtszeit in einer ausführlichen Pressekonferenz den Fragen der Hauptstadtjournalisten. Einige ihrer Minister stellen sich allerdings deutlich häufiger den Fragen der Bundespressekonferenz. Rekordhalter ist Bundesumweltminister Gabriel: Der SPD-Politiker war alleine im vergangenen Jahr 23 Mal bei der Bundespressekonferenz zu Gast. Keine einziges Mal trat dagegen Verteidigungsminister Jung in seiner mehr als zweijährigen Amtszeit vor den Parlamentskorrespondenten auf.

Während die Debatte über Jugendkriminalität ein Schwerpunkt der Fragen der Journalisten war, stellte Merkel selber zu Beginn der Pressekonferenz die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands in den Mittelpunkt. "Deutschland steht Anfang 2008 besser als 2005 dar." Die Arbeitslosigkeit sei rückläufig während gleichzeitig die Beschäftigung steige. Sie verwies zudem auf die am Morgen vom Statistischen Bundesamt bekannt gegebenen Wirtschaftsdaten. Ein Wachstum von 2,5 Prozent und ein ausgeglichener Haushalt wertete Merkel als Zeichen für die gute Entwicklung. Allerdings könnten Energie- und Lebensmittelpreise sowie die Bankenkrise die Wachstumserwartungen dämpfen.
" Schlüsseljahr für die Große Koalition"

Die Koalition werde aber daran arbeiten, dass die positive Entwicklung nicht abreiße. Der Haushalt müsse weiter konsolidiert, die "Lohnzusatzkosten" weiter gesenkt sowie Forschung und Bildung gefördert werden. "2008 ist ein Schlüsseljahr für die Große Koalition", urteilte die Kanzlerin.

* InternSPD will nur "seriös" über Jugendstrafrecht sprechen.
* AudioVor der Merkel-Pressekonferenz [S. Adler, DLF].
* AudioKoalitionsklima wird immer schlechter [F. Capellan, DLF].

*
Weltatlas
Weltatlas: Deutschland
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Stand: 15.01.2008 13:19 Uhr
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Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

© ZEIT online 15.1.2008 - 09:11 Uhr
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* Schlagworte:
* Politik
* Innenpolitik
* Jugendgewalt

Muslimische Gewalt

Von Jürgen Krönig

In der Diskussion um Jugendgewalt verschließen viele die Augen vor den harten Realitäten einer Einwanderungsgesellschaft. Ein Kommentar
Integration verhindert Gewalt. Vielen muslimischen Frauen wird Bildung und persönliche Entfaltung jedoch verweigert

Integration verhindert Gewalt. Vielen muslimischen Frauen wird Bildung und persönliche Entfaltung jedoch verweigert

© Soeren Stache dpa/lbn

Debatten um Jugendgewalt und Einwanderung verlaufen in Europa stets nach einem ähnlichen Strickmuster ab, gleich um welches Land es sich handelt. Die aktuelle deutsche Diskussion unterscheidet sich höchstens durch ein höheres Maß an Realitätsferne, das übergroßer Ängstlichkeit geschuldet sein könnte.

Jedenfalls konzentriert sich das linksliberale Milieu auf den Vorwurf des Populismus und verliert darüber leicht die Opfer der Gewalt aus dem Auge. Konservative Politiker dagegen gerieren sich, den nahen Wahltermin fest im Visier, mit starken Worten als Anwalt der schweigenden Mehrheit; dabei hätte Roland Koch wissen müssen, dass es keine einfachen Rezepte gibt. Zudem muss er sich fragen lassen, warum er nicht schon längst etwas unternommen hat gegen die Missstände, die ihm jetzt so auf den Nägeln brennen.

Differenziertere Stimmen verweisen darauf, es handele sich um kein Immigrations-, sondern ein Unterschichtenproblem. Was auch nur die halbe Wahrheit ist.

Eines immerhin sollte klar sein: Das Mantra von Arbeitslosigkeit, Armut und Diskriminierung als alleinige Erklärung für diverse erschreckende Phänomene – Gewalt und Aufruhr in Frankreichs Banlieus, die hohe Kriminalitätsrate unter türkischen Jugendlichen in Deutschland, Englands terrorwillige junge Muslime – greift nicht. Europa hat gut 50 Jahre Erfahrung mit Einwanderung hinter sich. Da lassen sich gewisse Erkenntnisse nicht länger leugnen.
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Massenhafte Einwanderung, aus demografischen wie wirtschaftlichen Gründen bewusst gefördert, schafft nun einmal erhebliche Probleme, für die Einwanderer wie für die einheimische Bevölkerung. Wohin man auch schaut, ob nach Frankreich, Großbritannien oder Deutschland, die Integration allen voran der muslimischen Minoritäten erweist sich als außerordentlich schwierig. Der britische Historiker Timothy Garton Ash erinnerte dieser Tage an dieses gesamteuropäische Problem. Wobei er der Meinung ist, die Deutschen hätten Glück, da die meisten "ihrer Muslime" aus einem "beinah europäischen" Land wie der Türkei stammten; dem mag nicht jedermann beipflichten. Richtig ist, dass Frankreich und Spanien in aller Regel mit den Zuwanderern aus dem Magreb größere Probleme haben. Am schwersten aber, meint Ash, habe es sein Heimatland Großbritannien, dessen Muslime überwiegend aus Pakistan und Südostasien stammen.

Erfahrung lehrt, dass sich manche ethnischen Gruppen offenkundig besser an liberale Demokratien und ihre Arbeits- wie hedonistisch getränkte Freizeitkultur anzupassen vermögen als andere Minderheiten. Im verhuschten, politisch korrekten Diskurs wird viel zu selten erörtert, ob nicht auch kulturelle wie religiöse Gründe die miserable sozioökonomische Stellung bestimmter Minoritäten erklären könnten.

Die Statistik jedenfalls spricht eine klare Sprache: Muslimische Einwanderer und ihre Sprösslinge sind in aller Regel ärmer, eher arbeitslos und schlechter ausgebildet als zum Beispiel Immigranten aus Indien oder anderen Ländern Asiens. In Frankreich, Deutschland wie Großbritannien leben fast 40 Prozent der muslimischen Bevölkerungsgruppen von Zuwendungen des Staates, anders als Chinesen oder Inder, unter denen Arbeitslosigkeit fast unbekannt ist.

Des Weiteren: Die weitverbreitete Praxis, muslimischen Frauen Erziehung und persönliche Entfaltung zu verweigern, trägt dazu bei, Armut zu perpetuieren. Im Westen hängt wirtschaftliches Wohlergehen, ob man das bedauert oder nicht, nun mal häufig von zwei Einkommen pro Familie ab. Und die Integration davon, ob auch die Frauen ihren Platz in der Gesellschaft und der Arbeitswelt finden.

Hinzu kommen Fehler und Versäumnisse aller Regierungen in Europa im Umgang mit den Migranten. Wobei es sich letztlich als zweitrangig erweist, ob man den Neuankömmlingen, wie in Großbritannien oder Frankreich, rasch den Bürgerstatus verlieh oder, wie in Deutschland, sie lange Zeit nur als "Gastarbeiter" ansah: Es gab wenig Anstrengungen, die Einwanderer in die Gesellschaft einzugliedern. Stattdessen wurde unkontrollierte, grenzenlose Familienzusammenführung erlaubt, samt arrangierter Ehen und Perpetuierung der Sprachlosigkeit. Das trug alles dazu bei, die Integration zu erschweren.

Der jahrzehntelang überall in Europa verbreitete Multikulturalismus tat das Übrige. Man wollte Menschen aus anderen Kulturkreisen nichts "aufzwingen", weder die Pflicht, Grundregeln und Gesetze der neuen Heimat zu achten, noch, sich um Sprachkenntnisse zu bemühen. Der Schaden, den diese verfehlte Politik anrichtete, ist groß und wird uns noch lange in Atem halten.

Es ist bezeichnend, dass es selbst in einem Land wie Großbritannien, in dem in aller Regel ein furchtloserer Diskurs gepflegt wird als in Deutschland, des Freimuts von Menschen mit Migrationshintergrund bedurfte (um die deutsche Floskel zu benutzen), harte Wahrheiten auszusprechen. Es war Trevor Philipps, Vorsitzender der einflussreichen Menschenrechtskomission, selbst aus der Karibik stammend, der das Scheitern des Multikulturalismus offen ansprach und ihn für "Gettoisierung" und die Herausbildung von "Parallelgesellschaften" verantwortlich machte. Es war Erzbischof Sentanamu, ein Einwanderer aus Afrika, der sich gegen den weitverbreiteten "moralischen Relativismus" wandte und ein klares Bekenntnis zu den Werten der neuen Heimat als unerlässlichen Beitrag zur Integration verlangte.

In Deutschland wie Großbritannien wissen Polizei, Justizbehörden und Politiker seit Langem, dass junge Menschen aus Immigrantenfamilien einen überproportional hohen Anteil an kriminellen Delikten begehen. Besonders hoch ist der Anteil bei den Gewalttaten und den sogenannten Intensivtätern. Diese gewaltbereiten Jugendlichen und jungen Männer, die in ihren Familien oft selbst Gewalt als normales Mittel des Umgangs erlebt haben, verstärken die Reihen der einheimischen Unterschicht, die auf die Normen der Mehrheitsgesellschaft pfeift und die zu allen Zeiten existiert hat - das Lumpenproletariat, wie Karl Marx es nannte. Es muss eine der Prioritäten der Gesellschaftspolitik sein, ihr Wachstum zu verhindern. Das verlangt die Verzahnung von Einwanderungs-, Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik.

Eine Voraussetzung für das Gelingen ist, die Augen nicht vor den Realitäten zu verschließen. Die Gesamtzahl der Verbrechen mag zuletzt in Deutschland wie Großbritannien gefallen sein. Aber die Gewalttaten, vor allem verübt von Jugendlichen, nehmen zu, ob in Deutschland, den Niederlanden oder Großbritannien. Junge Männer mit Migrationshintergrund stellen den Löwenanteil der Täter.

Ursachen dafür gibt's viele: die sozio-ökonomische Lage, Bildungsferne, eine gewaltgetränkte Medien- und Unterhaltungskultur, prügelnde Väter, eine Machokultur gerade unter jungen Muslimen, gemischt mit sexueller Frustration und Hass auf die westliche Gesellschaft, der von extremen Islamisten für ihre Zwecke genutzt wird.

Überall in Europa gab und gibt es zudem eine wohlmeinende Hinnahme von Vandalismus, Aggression, Rowdytum und Kleinkriminalität, die letztlich auf ein verklärtes Menschenbild zurückzuführen ist, welches lange Zeit das Bewusstsein vieler Sozialarbeiter, Richter, aber auch Medienschaffender und Politiker prägte. Es trug dazu bei, dass die Missachtung von staatlichen Institutionen und gesellschaftlichen Regeln, ob in Schule, vor Gericht oder bei der Polizei, allzu häufig folgenlos blieb.

Es handelt sich um ein Problem, dass sich tief eingebettet hat in der politischen Kultur Europas. Es wird enormer, schmerzlicher Anstrengung bedürfen, die notwendige gesellschaftliche Reparatur zu bewerkstelligen. Dabei wird der Staat eine zwar wichtige, doch letztlich nur begrenzte Rolle spielen können. Mehr Sozialarbeiter allein sind sicher nicht die Lösung. Vor allem müssen ideologische Scheuklappen abgelegt werden, die Debatten um Law and Order wie Einwanderung erschweren.

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Re: Kritik an Debatte über härteres Jugendstrafrecht

© ZEIT online 15.1.2008 - 11:36 Uhr
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* Schlagworte:
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Rückkehr des Rambo

Von Franz Walter

Roland Koch hat mit seiner Kampagne zum Jugendstrafrecht eine gefährliche politische Methode wiedererweckt: den bewussten Tabubruch.
Jürgen Möllemann und sein Epigone Roland Koch

Jürgen Möllemann und sein Epigone Roland Koch

© Foto: Getty Images; Montage: ZEIT online Grafik

Man hatte nach dem tiefen Fall des Jürgen W. Möllemann für einige Jahre den Eindruck, dass die Lieblingsstrategie ehrgeiziger Politiker der 1980er und 1990er Jahre, gezielt gegen den politischen Comment zu verstoßen, nachhaltig diskreditiert war. Doch in Hessen erleben wir die Rückkehr dieser hochtückischen Methode durch einen Regierungschef in Wahlkampfnöten. Und schon jetzt ist die Dynamik der Eskalation, die diesem politischen Instrument innewohnt, klar erkennbar.

Denn die Politik der Provokation erfordert Härte, eiserne, ja: zynische Konsequenz. Schließlich wirkt eine Politik des Tabubruchs nur, wenn sie permanent weitergetrieben wird. Die jeweils nächste aufschreckende Forderung muss immer noch ein Stück schärfer und hybrider ausfallen. Sonst droht die Aufmerksamkeit – jenes kostbare Gut in der Mediengesellschaft – zu verpuffen.

Eben das aber entgrenzt Politik, enthemmt und radikalisiert sie. Eine solche Politik trägt mindestens die Möglichkeit des Extremismus in sich. Freie Demokraten könnten davon traurige Lieder singen. Ein wenig wundert man sich schon, warum sie – die doch als Liberale firmieren und denen Toleranz und sorgsame Rechtsstaatlichkeit besonders am Herzen liegen sollte – in diesen Tagen einfach nur schweigen und ganz vorbehaltlos mit dem christdemokratischen Kampagnero Koch den politischen Bund in Hessen anstreben.

Dabei haben sie 2002 selber denkbar trübe Erfahrungen mit dem plebiszitären Populismusstil des unseligen Tandems Möllemann/Westerwelle machen können. Als traditionell honorable Parteien des arrivierten liberalen Bürgertums ist ihre Parteiseele daran fast zugrunde gegangen, als sie realisierte, wohin eine solche Politik der Maßlosigkeit führte. Das FDP-Estabilishment war am Wahlabend 2002 jäh ernüchtert und mochte sich auch nicht der neu hinzugewonnenen Wählerschichten erfreuen. In gutbürgerlichen Wohngegenden habe man massiv Stimmen verloren, in den Quartieren der Abgehängten aber zugelegt, klagte seinerzeit besorgt der frühere Generalsekretär Werner Hoyer: „Dieser Austausch ist lebensgefährlich.“
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Die politische Strategie, die dem populistischen Kalkül zugrunde liegt, ist überaus riskant. Denn die Anführer des Tabubruchs müssen Virtuosen der fortwährenden Zuspitzung, der Steigerung der Bedrohungsszenarien sein. Sie agieren dann aber nicht mehr als Vertreter aufgeklärter und besonnener Bürger, sondern nutzen ihre Partei als Protestvehikel des Ressentiments und der radikalen Ungeduld.

Der Tabubrecher macht den Kraftmeier, den Rambo, geriert sich als der Held für all diejenigen, die gern selber stark wären, aber es partout nicht sein können. Er ist auf der Suche nach dem mobilisierenden Thema, der aggressiven Zuspitzung, der boulevardesk transportierbaren Kampagne. Selbst aus der Regierung heraus muss er vernehmlich Budenzauber veranstalten, sonst schwindet sein Nimbus als Kraftnatur und Trüffelschwein für gesellschaftliche Fragen, die den „einfachen Leuten“ unter den Nägeln brennen.

Plebiszitäre Tabubrecher dieser Machart ideologisieren und polarisieren die Gesellschaft. So aber repolitisieren sie auch die Parteikonkurrenz. Nicht zuletzt deshalb konnte es Andrea Ypsilanti als ausgewiesene Linke in der hessischen SPD schaffen, trotz der deutlichen Distanz der Parteiführung, nach vorn zu kommen und sich peu à peu Chancen für einen Wahlerfolg zu erarbeiten.

Übrigens ist dies eine europaweite Erfahrung: Die Macho-Tabubrecher fördern regelmäßig den Kontrast feminin repräsentierter Gegenfiguren, wie zum Beispiel in Frankreich im Duell Nicolas Sarkozy/Segolene Royal. Links und weiblich – das reüssiert eben eher gegen einen Roland Koch als gegen einen Christian Wulff oder Ole von Beust.

Der Parteienforscher Franz Walter ist Professor für Politikwissenschaft in Göttingen.
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