SonniVioVinci - Violettas Opernkiste

Violettas Opernkiste

Re: Violettas Opernkiste



Fritz Wunderlich (* 26. September 1930 in Kusel; † 17. September 1966 in Heidelberg),
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Re: Violettas Opernkiste

Warum hat sie das da oben gemacht, werdet ihr fragen. Nun, sie hat sich im Monat vertan. Wir haben doch erst August
Naja, es ist nie verkehrt, sich an Fritz Wunderlich zu erinnern. Dann kriegt er im September eben eine Lobhudelei

Re: Violettas Opernkiste

Der neue Terminkalender mit den kommenden Auftritten von Senor Villazón ist veröffentlicht.
Dem kundigen Operfan sagt der Plan, daß der Meister offenbar die Konsequenzen aus seiner akuten Krise gezogen, und einiges an Terminen und Auftritten rausgeschmissen und sich wieder mehr aufs lyrische Fach konzentriert hat.
Sehr schöne Sachen die er da singen wird. (So er denn singt, und nicht wieder soviel absagen muß). Ich würde einiges dafür geben, bei den Romeo und Julia Aufführungen im Puublikum zu sitzen. Ich nenne eine "Romeo und Julia" Aufnahme mit Villazón mein eigen, die er vor dem großen Hype gesungen hat. Es ist ein Livemitschnitt, und er ist unglaublich gewesen. Reizen würdem ich auf das Konzert mit Juan Diego Florez kommende Juli in Paris. Florez ist in so ziemlich allem das komplette Gegenteil von Villázon. Er ist ein stimmlich sehr eleganter, beherrschter Belcanto-Tenor wo Villazón ein leidenschaftlicher, oft bis an seine Grenzen gehender Komödiant ist. Auch der Stimmklang ist ein gänzlich anderer.
Florez
Villazón
Gerade deshalb dürfte es aber ein spannendes Konzert werden.
Das Verdi-Requiem würde ich auch gerne hören. Aber weil das nicht geht,höre ich es im November in Köln mit Ramon Vargas. Das ist der, der in Baden-Baden für Villazón eingesprungen ist, un der ist auch nicht schlecht

Re: Violettas Opernkiste


Luciano Pavarotti
12.10.1935 - 6.09.2007
Che gelida manina


Hab mal das Sterbedatum vom 6.Oktober zum September korrigiert....
Vincent

Re: Violettas Opernkiste

Danke.
Ich wollte ihn wohl noch ein bißchen leben lassen...

Re: Violettas Opernkiste

Fritz Wunderlich

Und er singt mit einer Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit, dass man meint, Singen sei das Einfachste von der Welt... Das ist das Gold, nachdem wir Sänger suchen". (Rolando Villazón)


Er hätte auch der deutsche Frank Sinatra werden können wenn er das gewollt hätte (Götz Alsmann)

Er war der Lance Armstrong unter den Taminos (Unbekannter Opernfan)


Er war der einzige Nicht-Italiener, der es im italienischen Fach mit den großen italienischen Tenören aufnehmen konnte (Giuseppe DiStefano)

Das sind nur ein paar Aussagen über den, der für viele Opernfans, und für mich vor allem, immer noch der größte und wunderbarste Sänger ist, den wir je hören durften.
Fritz Wunderlich wurde am 26. September 1930 in dem kleinen Ort Kusel in der Pfalz geboren, arbeitete sich nach einer harten, vom Suizid des Vaters geprägten Jugend zum größten deutschen Tenor aller Zeiten und zu einem der wunderbarsten Sänger überhaupt herauf und starb mit nur 36 Jahren am 17. September 1966 in Heidelberg nach einem tragischen Unfall.
Tamino, der romantische Prinz in Mozarts Märchenoper "Die Zauberflöte", war in seiner Karriere von besonderer Bedeutung: es war die erste Hauptrolle die er jemals auf einer Opernbühne sang, und es war die letzte Rolle die er jemals gesungen hat.
Wunderlich war vor allem ein legendärer Mozartsänger, neben Tamino war er ein großartiger Don Ottavio "Don Giovanni), ein wunderbarer Belmonte ("Die Entführung aus dem Serail") etc. Aber er hat auch Verdi und Puccini gesungen. Mit der gerade 20jährigen Teresa Stratas und seinem Kollegen und engen Freund Hermann Prey hat er in München 1965 eine ergreifende "Traviata" gesungen, die in manchen Augenblicken selbst die großartigen Vorstellungen von Maria Callas und Giuseppe DiStefano in den Schatten stellt. Was sicher auch daran gelegen hat, daß Frau Stratas sich so in ihre Rolle gesteigert hat, daß sie am Ende wirklich glaubte "dem Tode nahe zu sein".
Wunderlich hat Operette gesungen, Wunderlich hat die Passionen von Bach und die großen Liederzyklen von Robert Schumann gesungen, Wunderlich hat italienische Volkslieder gesungen. Die großartigste Aufnahme die jemals von "Granada" gemacht wurde stammt weder von Pavarotti noch von Domingo, Carreras, Villazón oder sonst einem glutäugigen, heißblütigen Sohn des Südens, sondern von Fritz Wunderlich Klick
Wunderlich hat Schlager gesungen und erst kürzlich wurden Aufnahmen entdeckt, bei denen Wunderlich sich in seiner sehr frühen Zeit selber auf der Trompete begleitet hat. Es waren diese Aufnahmen ,die Götz Alsmann zu seinem Vergleich mit Frank Sinatra veranlaßt haben. Und er hat Recht: dieser Mann hat nicht nur alles gesungen, er konnte auch alles singen. Er hat, und das ist, glaube ich, sein Geheinmis, alles ernst genommen. Für ihn war eine Operettenmelodie von Lehàr nicht weniger wert als eine Arie von Bach. Er war ein Sänger der in seinem Gesang nie, aber auch nie, zur Überheblichkeit geneigt hat. Er hat alles ernst genommen was er gesungen hat und deshalb ist auch alles, alles wunderbar.
Hier ein Beispiel:
Du bist die Welt für mich. Abteilung "Schlager"
Che gelida manina. Nach "Nessun Dorma" eigentlich DIE Pavarotti Arie.
Und da ich gerade bei Big P. bin:
Als Luciano Pavarotti während eines Interviews im Jahre 1990 gefragt wurde, wer für ihn der herausragendste Tenor der Geschichte sei, antwortete er: "Fritz Wunderlich".
(Zitat aus "Wikipedia")
Recht hat er.
Und hier nocheinmal Tamino

Re: Violettas Opernkiste

Weil das Fernsehen so geizig ist, hier mal ein paar schöne Youtube Sachen von Callas:
Madame Butterfly Duett Butterfly/Pinkerton mt Niccolai Gedda

Jetzt eines der ganz, ganz seltenen Dokumente, die Callas in einer Aufführung zeigen. Es wurde leider schändlich wenig im Film festgehalten. Hier ein Ausschnitt aus dem 2. Akt von "Tosca"
Vissi d'Arte
Eien andere "Tosca" Inszenierung: sie setzt ein, wo der vorherige Clip aufhört: Tosca fleht Scapia (Tito Gobbi) an, gnädig zu sein und die Erpressung (Sex gegen das Leben ihres Liebsten) sein zu lassen. Als er nicht darauf eingeht, stimmt sie in ihrer Verzweiflung zu, er ordnet eine Scheinhinrichtung an, sie verlangt einen Passierschein für sich und ihren Geliebten den er auch austellt. Dann entdeckt sie das Messer. Als Scarpia sie in die Arme reißen will erdolcht sie ihn. Was dann geschieht braucht keine Erklärung. Vorhang auf zum Höhepunkt der Oper "Tosca":
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Re: Violettas Opernkiste

Violettas Operntagebuch Teil 1
"Carmen"


Hier will ich mal ein bißchen über die Aufführungen berichten, die ich zu sehen kriege ohne das sie im Fernsehen gezeigt werden. Über das also, was bei uns in der Provinz und Umgebung so läuft.
Gestern gab es in unserem schönen Teo-Otto-Theater also "Carmen".
Nach anfänglichen Albernheiten des Regisseurs wurde es gegen Ende doch noch eine ganz schöne Inszenierung. Geärgert hat mich vor allem mal wieder die illustrierte Ouvertüre. Der Vorhang hat bei der Ouvertüre verdammt noch eins unten zu bleiben, aber das scheinen sie alle vergessen zu haben. Die großen wie die kleinen Regisseure.
Das Stück beginnt also als Rückblende: erst rennt der komplette Opernchor zu den Klängen der Ouvertüre sinn- und orientierungslos über die Bühne, dann wird der Mord an Carmen und Don Josés Verhaftung pantomimisch dargestellt.
Der arme Tenor, der den José gesungen hat mußte fast den kompletten 1. Akt am Bühnenrad verbringen, wo er entweder auf einem Stuhl saß, oder blöd rumstand. Seine Duette mußte er singen während er mit leerem Blick ins Publikum gestarrt hat.
Weil: war ja eine Erinnerung
Solche Albernheiten sind, wenn überhaupt, nur verzeihlich ,wenn man einen Darsteller hat der über die Bühnenpräsenz eines ihr-wißt-schon-wer verfügt.
Aber was soll's. Gesungen hat er gut, auch wenn er leider in den Höhen manchmal zum schreien geneigt hat.
In den dramatischen Szenen fand ich ihn besser als in den lyrischen, bei "La fleur que tu m'avais jetèe" bleiben die Vergleiche mit den ganz großen seiner Zunft nicht aus. Immerhin: wenn ICH so singen könnte,müßte ich jetzt gleich nicht in die Bücherei, also soll ich mal lieber nicht meckern.
Carmen hatte eine schöne Stimme, hüftlange, wilde rote Locken und eine ausgesprochene Fähigkeit zickig in der Gegend rumzuschauen und Männern in den Schritt zu greifen (kein Scherz).
Bis auf die Sache mit dem Griff also nix außergewöhnliches.
Der Torrero Escamillo hätte mit seinen fettglänzenden, langen schwarzen Haaren einen prächtigen Snape abgegeben, hatte aber tatsächlich sowas wie Bühnenpräsenz und ist während "Auf in den Kampf!" ausgesprochen elegant auf einen Tisch gesprungen. Es mag an meinen Ohren gelegen haben, aber ich hatte den Eindruck, daß ab und an das Temperament mit ihm durchgegangen ist und er dann nicht ganz sauber gesungen hat.
Michaelas Stimme war schön, hatte aber recht viel Vibrato. Das mag nicht jeder und ich weiß auch nicht wirklich, ob es mir gefallen hat.
Die Nebenrollen waren erstaunlich gut besetzt. Carmens zwei Freundinnen waren wirklich sehr gut. Ich habe manchmal den Eindruck, daß sie an Provinztheatern für die Nebenrollen wirklich hoffnungsvolle Nachwuchssänger einsetzen. Die haben auch ein Extra "Bravo" bekommen. Von mir und mehreren anderen.
Was ich nicht verstanden habe: der 3. Akt spielt in den Bergen. Warum liegen dann überall auf der Bühne Kneipenstühle rum???
Und ein Auto haben sie auch auf die Bühne gerollt.
Sehr gut gemacht: immer wenn das "Todesthema" auftauchte, sah man den Schattenriß einer Gestalt die eine Mischung aus Flamencoschritten und Stierkampf dargeboten hat.
Das klingt blöder, als es war. War wirklich beeindruckend.
Alles in allem: ein bißchen haben sie von der Berliner Carmen von 2006 geklaut, aber im großen und ganzen en schöner Abend.
Daß Carmen seit geraumer Zeit immer wie eine Domina gekleidet ist nervt allerdings schon.
Aber das hat mich auch schon bei Marina Domashenko genervt und der ist es in dem Outfit imerhin gelungen, ihr-wißt-schon-wen um den Verstand zu bringen.

Re: Violettas Opernkiste

Die traurigste Oper der Welt: Madama Butterfly
Diese Oper muß der Alptraum jedes nüchtern denkenden Menschen sein, denn sie zeigt uns eine Handlung, trauriger als "La Traviata" und "La Bohème" zusammen, die anrührendste Heldin die je ein Opernkomponist ersonnen hat und den miesesten Schuft in der, an Schuften gewiß nicht armen, Opernliteratur. Dazu spielt ist das Ganzein einem fernen, exotischen Land und ist garniert mit reichlich Kimonos, Sonnenschirmchen und Blütenzauber.
Wie gesagt, der Alptraum jedes Realisten.
Giacomo Puccini, der "Madama Butterfly" geschrieben hat, hielt sie für seine beste und modernste Oper und ich, ich liebe sie und bin danach jedesmal mit den Nerven am Ende.
Hier die Handlung:
Japan um 1900.
Der amerikanische Marineoffizier B.F. Pinkerton, jung, charmant und erstaunlich gewissenlos, ist für einige Monate in der Hafenstadt Nagasaki (!) stationiert. Um sich die Zeit so angenehm wie möglich zu vertreiben, mietet er für "999 Jahre" ein kleines Haus. Außerdem heiratet er die 15jährige Geisha Cio-Cio San, genannt "Butterfly", nach japanischem Ritus. Er kann sie jederzeit wieder verlassen, und das hat er auch vor: Butterfly soll einfach die Gespielin der Tage, und vor allem Nächte, seines Aufenthalts in Japan sein.
Sein Vorgesetzer warnt ihn: er hat Butterfly gesehen, sie ist Pinkerton zuliebe zum Christentum konvertiert, liebt ihn wirklich und glaubt an seine Aufrichtigkeit.
Pinkerton tut das mit einem Lachen ab.
Butterfly wird seine "Ehefrau". Als die Familie erfährt, daß sie einen neuen Glauben angenommen hat, verstößt sie Butterfly.
Der 1. Akt endet damit, daß Pinkerton die weinende Butterfly tröstet ihre Scheu überwindet und das weitere können wir uns denken...
Im Film mit Placido Domingo und Mirella Freni sieht das so aus und hört sich so an:
klick
Es ist erstaunlich, daß Puccini dem größten Mistkerl den er je erschaffen hat einige seiner schönsten und zärtlichsten Melodien in die Kehle gelegt hat.
Im 2. Akt sind einige Jahre vergangen. Pinkerton ist längst in seine Heimat zurückgekehrt, hat Butterfly aber versprochen wiederzukommen "Wenn die Rotkehlchen ihre Nester bauen".
Daran klammert sich Butterfly, die felsenfest davon überzeugt ist, daß Pinkerton sie liebt und wiederkommen wird.
Als ihre Dienerin beginnt zu zweifeln, schildert Butterfly ihr, wie es sein wird, wenn der Geliebte zurückkommt:
Un bel di vedremo

Es kommt wie es kommen muß:Pinkerton kommt erst zurück, als er erfährt, daß Butterfly ein Kind von ihm hat. Er kommt mit seiner "echten" Ehefrau, diese bittet Butterfly, ihr das Kind zu überlassen.
Butterfly ist verzweifelt, stimmt aber zu. Für sie hat das Leben keinen Sinn mehr.
Sie bittet Pinkertons Frau ihm zu sagen, daß er in einer halben Stunde zu ihr kommen und das Kind holen solle. "Nur ihm kann ich es geben".

Pinkerton, den jetzt, zu spät, die Reue foltert, eilt in das Haus in dem er mit Butterfly gelebt hat.
Während aus der Ferne seine Rufe "Butterfly, Butterfly, Butterfly" zu ihr klingen, begeht Butterlfly mit dem Dolch ihres Vaters Selbstmord.
Nocheinmal Mirella Freni:
Butterfly Tod
Pinkerton, davon kann man ausgehen, wird nie mehr eine ruhige Stunde haben.
Die Uraufführung von "Madama Butterfly" war ein Mißerfolg, was Puccini, der keine seiner Heldinnen so geliebt hat wie seine kleine Frau Schmetterling nie vergessen hat. Allerdings wurde die 2. Aufführungsserie, nur drei Monate später und nach minimalen Veränderungen, ein Triumpf. Heute zählt "Madama Butterfly" zu den beliebtesten Opern des Repertoires.
Puccini hat sich vor der Komposition sehr mit japanischer Musik, japanischer Geschichte und japanischen Gebräuchen beschäftigt. Er hat Kontakt zur Frau des japanischen Botschafters in Rom aufgenommen, die ihm viel über Japan erzählt hat und sogar von einer Geisha wußte, die ein ganz ähnliches Schicksal erlitten hat. Denn solche Eheverträge wie sie
Pinkerton abgeschlossen hat waren keine Erfindung Puccinis, es gab sie damals wirklich.
Die Rolle der Butterfly gehört zu den schwierigsten die es gibt: die Sopranistin steht, mit Ausnahme einiger kurzer Szenen zu Beginn der Oper, die ganze Zeit auf der Bühne und singt und spielt.
Mirella Freni selber hat die Rolle zum Beispiel nie in einem Theater gesungen, sondern "nur" drei Studioaufnahmen eingesungen und diesen Film gedreht. Aber ihr Portrait ist außergewöhnlich bewegend und eindrucksvoll.
Daß Cio-Cio San auch eien große Rolle von Maria Callas war muß ich sicher nicht extra erwähnen...

Re: Violettas Opernkiste

Violettas Operntagebuch Teil 2
"La Traviata"

Vor einer Woche, am 28.10.2007 gab's eine meiner beiden Lieblingsopern (die andere ist "Don Giovanni") in unserem Theater.
Gespielt und gesungen hat eine Opernkompanie aus Mailand, die ich schon mit sehr schrecklichen, aber auch schon mit überraschend guten Sängern gehört habe.
Ihr Repertoire ist auf ca. 6 bis 8 gängige Opern beschränkt, mit denen sie jedes Jahr abwechselnd auf Tournee gehen. Dieses Jahr also Verdis Schwindsuchtsdrama.
Wie ist mein Eindruck? Naja, man muß unterscheiden zwischen Inszenierung und sängerischer Leistung.
Zur Inszenierung kann man nur eins sagen: grandios langweilig und bieder. Lediglich ein einziger wirklich guter Regieeinfall, ansonsten alles sehr hausbacken: Violetta trägt im 1. Akt ein weißes Kleid, im zweiten ein mit unschuldigen Blümchen verziertes Modell, im 3. ein Kleid in einer Mischung aus Trauerschwarz und Bordellrot, verziert mit funkelnden Straßsteinen, und im letzten Akt, wie es sich gehört, ein weißes Nachthemd.
Wenn sie auf die Krankheit anspielt, greift sie sich ans Herz, ansonsten sinkt sie fortwährend auf die Knie oder in Ohnmacht wenn es Verzweiflung oder langsames Dahinsiechen darzustellen gilt.
Ihr Alfredo war ein junger Mann asiatischer Herkunft, der eine ungeuer freundliche und sympathische Ausstrahlung hatte und in seiner Rolle soviel Naivität und Ahnungslosigkeit verbreitet hat, daß ganz klar war, WER in diesem Liebesdrama den jungfräulichen Part übernommen hat
Der Herr Papa, der für soviel Unheil sorgt (ein türkischer Bariton, hat man selten), kommt im eleganten Frack daher und verströmt, Würde, Arroganz und Selbstgerechtigkeit.
Am Ende des 2. Bildes darf er Alfredo ohrfeigen. Vermutlich müssen das in nächster Zeit viele Baritone machen, weil Herr Hampson in Salzburg Herrn Villazón damit so schön abgestraft hat.
Aber diese musikalischste aller Theaterohrfeigen bleibt wohl bis auf weiteres unerreicht.
Das Bühnenbild: schlicht, um nicht zu sagen kahl, ein paar Wände, ein Sofa, mächtig viele Schleierstoffe, in denen Violetta sich in der Todesszene dann auch erwartungsgemäß verfängt.
Es war okay, aber nix besonderes. Der Funke zwischen Violetta und Alfredo wollte ums verrecken nicht überspringen, was an dem statischen Spiel der beiden lag.
Ganz anders die stimmlichen Leistungen. Ich war extrem überrascht, dieses Ensemble so gut singen zu hören.
Es gab Momente, in denen die Violetta des Abends der jener Dame aus Russland in nichts nachstand. Wie gesagt, was die gesanglichen Leistungen angeht, eine übermäßig gute Schauspielerin war sie nicht.
Aber sie hatte eine wirklich schöne Stimme, auch wenn mir diese Stimme manchmal ein bißchen zu "gesund" klang und die Mischung aus Todesblässe und hysterischer Lebensgier gefehlt hat, die den Reiz dieser Musik ausmacht.
Wirklich begeistert hat mich der Alfredo des Abends: dieser Tenor war noch sehr, sehr jung, ich nehme an, es war eine seiner ersten Hauptrollen und er hatte eine wunderschöne, sehr warme Tenorstimme, die niemals gepresst oder angestrengt klang. Sowas hört man in unserem Theater bei Tenören sehr selten. Selbst an die Stretta am 2. Akt, die so oft ausgelassen wird, das ich sie in über 25 Jahren "Traviataerfahrung" nur von zwei Tenören gehört habe (Domingo und ihr wißt schon wer), hat er sich gewagt. Und er hat sich wirklich beachtlich geschlagen, das muß ich sagen.
Wenn er jetzt noch ein bißchen Schauspielunterricht nimmt und zu seiner so symphatischen, jungenhaften Ausstrahlung noch eine Prise Pfeffer und Leidenschaft kommt, kann er ein Alfredo werden, der nicht nur seine Violetta um den Finger wickeln wird
Der Papa des Abends hatte ebenfalls eine sehr schöne Stimme, dummerweise, haben mich seine halblangen Haare und seine schlanke Gestalt aber sehr an Helge Schneider erinnert. Das war der Andacht nicht förderlich
Man muß wohl damit leben, daß solche Tourneetheater ihre Vorstellungen eher runterspulen, und die Feinheiten der Musik und der Handlung oft auf der Strecke bleiben.
Auch das Orchester das zu dieser Truppe gehörte, kann sich mit unseren Bergischen Symphonikern nicht wirklich messen. Wie schrieb ein von mir sehr geschätzter Kritiker so schön "Der Raffinesse des Vorspiels zum ersten Akt waren sie so grade eben gewachsen".
Wohl wahr.
Immerhin: für die Tränen am Ende des letzten Aktes hat es mal wieder gereicht. Diese Oper ist eben nicht totzukriegen.